Das erste Jahr im Rückblick


Heute feiern wir den ersten Jahrestag der Gründung des Munich Quantum Valley e.V. und blicken gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Leiter des MQV, Prof. Rainer Blatt, zurück auf ein erfolgreiches Jahr.

Zu diesem Anlass geben wir auch unseren ersten öffentlichen Jahresbericht heraus.

Das "Munich Quantum Valley" (MQV) soll als Teil der Bayerischen Hightech-Agenda Quantencomputing und Quantentechnologien in Bayern etablieren, mit dem expliziten Ziel, ein entsprechendes Quanten-Ökosystem als Basis für zukünftige Bildung, Forschung, Entwicklung und Anwendungen der Quantenwissenschaft zu schaffen und bereitzustellen. 

Ende 2021 – nach einem Jahr voller intensiver Diskussionen, in dem die Konsortien gebildet und die wissenschaftlichen Anträge formuliert wurden – wurde das MQV-Projekt bewilligt und die gemeinsame Arbeit konnte beginnen. Im Januar 2022 unterzeichneten die Gründungspartner des MQV, die Bayerische Akademie der Wissenschaften (BAdW), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG), die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und die Technische Universität München (TUM), formell die Gründungsurkunde des eingetragenen Vereins Munich Quantum Valley e.V.. Während erste Maßnahmen bereits im letzten Quartal 2021 begonnen haben, startete die eigentliche wissenschaftliche Arbeit der Konsortien im Januar 2022. 

Zahlreiche Aktivitäten im Bereich Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, die die Arbeit der MQV-Konsortien das ganze Jahr über begleiteten, trugen entscheidend zur schnell wachsenden Sichtbarkeit von MQV sowohl in Deutschland als auch international bei. Die Konsortien arbeiten an der ganzheitlichen Implementierung eines Full-Stack-Quantencomputermodells. Um hierfür detaillierte Spezifikationen festzulegen und besser zu verstehen, wie die geplanten Arbeitspakete und Entwicklungslinien ineinandergreifen und zusammenhängen, begannen die Konsortien einen intensiven und sehr interdisziplinären Austausch, während gleichzeitig neue Geräte beschafft wurden. Letzteres erwies sich aufgrund von Lieferproblemen, die durch die Pandemie und den unerwarteten und unglücklichen Krieg in der Ukraine verursacht wurden, als viel schwieriger als angenommen. Das ganze Jahr hindurch haben alle Konsortien große Anstrengungen unternommen, um weitere kluge Köpfe für das Projekt zu gewinnen. Die enorme weltweite Zunahme an Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten im Bereich Quantentechnologie in diesem Jahr und die damit einhergehende erhöhte Nachfrage nach qualifiziertem Personal  führte zu erheblichen Problemen bei der Einstellung von jungen Forscher:innen, insbesondere auf Postdoc-Ebene. Trotz dieser schwierigen Bedingungen gelang es dem MQV, das Personal fast zu verdoppeln, verglichen mit den etwa 200 Forscher:innen und Techniker:innen, die das MQV im Januar zählte – eine Anerkennung der Attraktivität des Quanten-Ökosystems in und um das MQV und eine Motivation, die Rekrutierungsbemühungen weiter voranzutreiben.

Die Arbeit der Konsortien hat bereits im ersten Jahr erhebliche Fortschritte gemacht. Die ersten experimentellen Plattformen werden derzeit vorbereitet und sollen im Frühjahr 2023 aufgebaut bzw. beschafft werden. Die theoretischen Arbeiten sind in vollem Gange und liefern die Grundlagen für die erfolgreiche Umsetzung von Quantenverfahren und -algorithmen. Das MQV-Büro und seine wissenschaftlichen Koordinator:innen führten mehrere Besuche bei den verantwortlichen Arbeitsgruppen durch, um sich vor Ort ein Bild zu machen, allgemeine Probleme zu erkennen und zu formulieren, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und somit die Zusammenarbeit voranzutreiben. Für eine kontinuierliche und umfassende Dokumentation wurden regelmäßig Projektberichte erstellt. Im ersten Jahr haben die Konsortien ihre Arbeit aufgenommen. Zu Beginn der Konsortialarbeit war es besonders wichtig, eine effektive Kommunikationsstruktur zwischen den vielen Beteiligten einzurichten und Ansprechpartner für die jeweiligen Aufgaben zu bestimmen, die die im Antrag skizzierten Entwicklungslinien miteinander verbinden. Kurz gesagt, die gemeinsame Arbeit des MQV hat begonnen und schreitet wie geplant voran. Der Erfolg der Arbeit des ersten Jahres wurde beim ersten "Review Meeting" im Oktober 2022 deutlich sichtbar, bei dem fast 200 MQV-Wissenschaftler:innen zusammenkamen und über ihre jeweiligen Fortschritte berichteten. Dieses erste Treffen wurde von allen Beteiligten als sehr bereichernd und hilfreich empfunden und diente dazu, die verschiedenen Gruppen untereinander zu vernetzen bzw. bereits bestehende Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. So ergaben sich gemeinsame interdisziplinäre Treffen kleiner Untergruppen und neue fachliche Austauschtreffen wurden vereinbart.

Zusätzlich zu den MQV-finanzierten Aktivitäten haben mehrere Konsortien Fördermittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eingeworben, welche für die Realisierung von Quantencomputer-Demonstratoren und Quantensoftware-Anwendungen verwendet werden. An diesen Aktivitäten sind zahlreiche Unternehmen sowie weitere akademische Partner beteiligt, um industrielle Ressourcen und Belange bei der Entwicklung von Quantentechnologien einzubringen. Dies ermöglicht eine synergetische und umfassende Entwicklung sowohl der Plattformen als auch der Anwendungen. Das Interesse an den MQV-Aktivitäten – von Unternehmen und anderen akademischen Einrichtungen in Bayern und darüber hinaus – ist ungebrochen und wächst weiter. Auch internationale Forschungseinrichtungen und Verbände sind zunehmend an einer Zusammenarbeit mit dem MQV interessiert, zum Beispiel um Austauschprogramme für Studierende und Forschende einzurichten. Einige sehen das MQV bereits in einer Vorreiterrolle, wenn es darum geht ein hochgradig interdisziplinäres Ökosystem zu schaffen, das ein Hightech-Konglomerat für Quantentechnologien und deren mögliche Anwendungen darstellt.

Aus diesem Grund hat die MQV-Geschäftsstelle im Laufe des Jahres 2022 zahlreiche Gespräche geführt und Interessenten erfasst, um Partnerschaften sowohl mit der Industrie als auch mit anderen Wissenschaftsstandorten vorzubereiten, die in Form von Absichtserklärungen formell vereinbart werden sollen. Diese Partnerschaften aufzubauen und mit Leben zu füllen, wird eine wichtige Aufgabe für die kommenden Jahre sein.

Als weiteres Vorhaben für 2022 hat das MQV die Einrichtung von "Leuchtturmprojekten" angeleitet, die komplementär zur Arbeit der MQV-Konsortien die Forschung und Entwicklung von Quantentechnologien vorantreiben. Im Laufe des Jahres haben sich Teams an mehreren bayerischen Hochschulen zusammengefunden und gemeinsam Projekte beantragt, die von Quantensensorik und Quantenkommunikation bis hin zu neuartigen Quantenschaltungen und anwendungsorientierten Quanten-Benchmarking-Protokollen reichen. Diese Projekte wurden Ende 2022 bewilligt und die meisten Teams konnten Anfang 2023 mit der wissenschaftliche Arbeit beginnen. Die Leuchtturmprojekte in das MQV zu integrieren, ihre Aktivitäten mit den laufenden Arbeiten der Konsortien zu koordinieren und gegenseitige Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten zu schaffen, wird eine weitere Herausforderung für die MQV-Aktivitäten im kommenden Jahr sein.

Insgesamt ist das Munich Quantum Valley erfolgreich in das Jahr 2022 gestartet, hat die Entwicklung der Quantentechnologien entscheidend vorangebracht und Bayern als führenden Standort für Quantenforschung und -innovation positioniert. Das Design der Plattformen, die Entwicklung von Hard- und Software sowie wichtige theoretische Arbeiten im Bereich der Quanteninformationswissenschaft stellen wichtige Erfolge dar und die erste Review-Veranstaltung machte die bereits erzielten Fortschritte deutlich sichtbar. Das MQV ist nun gut aufgestellt, um seine Arbeit in den kommenden Jahren fortzusetzen.

Rainer Blatt
Munich Quantum Valley

 

Eine ausführlichere Zusammenfassung aller Forschungskonsortien sowie eine Liste aller leitenden Forscher:innen des MQV und eine Liste der kürzlich erschienenen MQV-bezogenen Veröffentlichungen finden Sie im heute veröffentlichten MQV-Jahresbericht 2022 (in englischer Sprache).