MQV-Einblicke am Walther-Meißner-Institut: Begeisternde Wissenschaftler:innen und begeisterte Gäste


Am 6. Oktober öffnete das Walther-Meißner-Institut der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im Rahmen der Veranstaltungsreihe „MQV-Einblicke – 100 Jahre Quantenwissenschaften und woran wir heute forschen“ seine Türen und ermöglichte den zahlreichen Besucher:innen Einblicke in die Forschung an Quantensystemen bei tiefsten Temperaturen.

47 Besucher:innen drängen sich am Montagabend in den Seminarraum am Walther-Meißner-Institut (WMI). Sie wollen mehr über die Quantenforschung erfahren, die an diesem Institut für Tieftemperaturphysik stattfindet. Professor Peter Rabl, einer der Direktoren des WMI, begrüßt das bunt gemischte Publikum aus Schüler:innen, Studierenden und Interessierten aller Altersgruppen. Nach einer kurzen Einführung in die Geschichte des Instituts, geht er näher auf den Begriff der Tieftemperaturforschung ein: „Was verstehen wir darunter?“ Während die meisten von uns bereits eine Winternacht mit minus zehn Grad Celsius als sehr kalt empfänden, sei das aus Sicht eines Tieftemperaturforschers noch sehr warm, beginnt Rabl seine Erläuterung und arbeitet sich dann auf der Temperaturskala über den Siedepunkt von Stickstoff vor zur Temperatur, bei der Helium flüssig wird (etwa -269 °C). Erst ab dann, also bei weniger als vier Grad Celsius über dem absoluten Nullpunkt käme man in den Bereich, in dem von Tieftemperaturforschung die Rede sei. Bei wenigen Hundertstel Grad über dem Nullpunkt träten schließlich makroskopische Quanteneffekte auf, die man hier am WMI erforsche und sich zu nutze mache, um neue Technologien zu entwickeln.

Um welche Technologien es sich dabei konkret handelt, erfahren die Gäste bei einer ausgiebigen Laborführung. Aufgeteilt in vier Gruppen statten sie vier verschiedenen Laboren bzw. Arbeitsbereichen am WMI einen Besuch ab.

Vom Quanteninternet...

Im Untergeschoss wird den Gästen ein experimenteller Aufbau gezeigt, der sich über drei Räume erstreckt, wobei sich in jedem Raum ein Kryostat befindet. In den Kryostaten wiederum befinden sich Quantensysteme. Der Doktorand Wun Kwan Yam und die Doktorandin Maria Handschuh erklären, wie hier zum Beispiel Quanteninformation von einem Kryostaten zum anderen übertragen werden kann. Langfristig soll das Experiment zum Beispiel zur Entwicklung von Quantencomputer-Netzwerken, also letztlich zur Entwicklung eines Quanteninternets beitragen. Bereits nach dem Vortrag von Herrn Rabl reichte die Zeit nicht aus, all die vielen Fragen der interessierten Besucher:innen entgegenzunehmen und auch in den Laboren müssen die Führer die wissensdurstigen Gäste – das Spektrum reicht von Fragen zu grundlegenden Konzepten wie der Quantenteleportation bis hin zu ingenieursspezifischen Fragen – etwas bremsen, um ihre Gruppe rechtzeitig bei der nächsten Station abzuliefern.

...über Spintronik...

A scientist and several visitors look with interest at the inner workings of a cryostat for superconducting quantum computing. They discuss the various components of the cryostat.
Christian Schneider, Forscher am Walther-Meißner-Institut, erklärt den Besucher:innen die verschiedenen Komponenten eines Kryostaten für supraleitendes Quantencomputing.

In einem der Labore im Obergeschoss stehen bereits Forschungsgruppenleiter Matthias Althammer, die Doktorandin Patricia Oehrl und der Doktorand Matthias Grammer bereit, um einen Überblick über ihre Forschung zu Magnetismus und der sogenannten Spintronik zu geben. Im Kryostat in ihrem Labor befinde sich eine supraleitende Spule, mit der man sehr starke Magnetfelder erzeugen könne, erklärt Althammer. Diese nutze man, um das Verhalten von Spins in magnetischen Materialien zu untersuchen. Im Bereich der Spintronik drehe sich am WMI vieles um Spinströme, die dafür genutzt werden könnten, effizientere Speicher- und Informationsverarbeitungstechnologien zu entwickeln. Nebenbei erfahren die Gäste, dass das WMI den gesamten Forschungscampus Garching mit Helium versorgt und wie dieses aufgefangen und zurückgeführt werden kann, um möglichst sparsam mit dem wertvollen Edelgas umzugehen.

...und Quantencomputing…

Für die Besucher:innen geht es nun wieder treppab. Im Erdgeschoss empfängt Postdoktorand Christian Schneider die Gruppe in einem der Quantencomputer-Labore des WMI. Hier bekommen die Gäste das funkelnde Innenleben eines Kryostaten für supraleitendens Quantencomputing zu Gesicht, das einigen aus den Medien bereits bekannt ist. Dass es sich hier aber zum Großteil um die Kühltechnologie handelt – „Eigentlich ist das nur der Kühlschrank“, erklärt Christian Schneider augenzwinkernd – ist für viele jedoch eine neue Erkenntnis. Das zentrale Element sei der Prozessor mit den supraleitenden Qubits, führt Schneider weiter aus, und reicht seinen Gästen einen kleinen Chip, der am WMI entwickelt wurde und auf dem 17 supraleitende Qubits zu erkennen sind. Der Chip wandert von Gast zu Gast und wird genauestens unter die Lupe genommen. Nach einem kurzen Exkurs, dass die Kühltechnologie – wie sie hier im Labor zum Einsatz kommt und die ein Abkühlen auf wenige Millikelvin per Knopfdruck ermöglicht – hier am WMI entwickelt wurde sowie einigen Fragen der Besucher:innen zu den verschiedenen Elementen des Kryostats, die zu sehen sind, kommt Schneider auf die tatsächlichen Forschungsfragen zu sprechen. In ihren Laboren gehe es vor allem um die Themen Skalierung und alternative Qubit-Designs. „Auch eine sehr gute Frage!“, entfährt es Schneider, als eine Schülerin nochmal etwas zur Anzahl der Qubits wissen will, und freut sich sichtlich über das große Interesse seiner Gäste. Bevor es weitergeht, nutzt eine Besucherin die Gelegenheit, Fotos zu machen: „Das ist wirklich spektakulär!“ 

...bis hin zur Optimierung in der Nanofabrikation

A young scientist gives a presentation and points to an element of an image showing a superconducting qubit. People sit in the foreground listening to him.
Doktorand Julius Feigl erklärt seinen Gästen die winzigen Strukturen, die auf dem 17-Qubit-Chip des WMI zu sehen sind.

Bei der letzten Station wartet Doktorand Julius Feigl, der den Gästen Einblicke in die Nanofabrikation am WMI gibt und sie mit „auf eine Reise zum Herz des Quantencomputers nimmt“, wie er selbst sagt. In der Präsentation sehen die Besucher:innen zunächst ein Foto des 17-Qubit-Chips, den sie eben noch selbst in der Hand gehalten haben. Feigl erklärt nun genauer die Strukturen, die auf dem Chip zu erkennen sind und zoomt immer näher ran: Zu den Aluminiumdrähten, die etwa so „dick“ sind wie ein Haar oder zu den winzigen Brücken, die sie fertigen, um Signale auf dem Chip kreuzen zu können. Das alles sei aber immer noch relativ groß, betont Feigl und zeigt nun die Mikroskopaufnahme einer Struktur, die mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen wäre: Ein sogenannter Josephson-Kontakt ist zu sehen, eine Nanostruktur, die das Herzstück eines supraleitenden Qubits bildet. Der Doktorand deutet auf einen hellen Punkt, der neben dem Josephson-Kontakt zu sehen ist: „Ein einzelnes Staubkorn.“ Wenn das Staubkorn auf dem Josephson-Kontakt läge, hätte man ein Problem, erklärt er den Gästen und macht damit deutlich, warum diese Strukturen in einem Reinraum gefertigt werden müssen.

Nach der Führung sind die Besucher:innen noch in die kleine Bibliothek des WMI eingeladen, wo in gemütlicher Atmosphäre, bei Keksen und Getränken, letzte Fragen gestellt werden können. Zum Abschied drückt ein Besucher nochmal seinen Dank aus und meint: „Es ist herzerfrischend zu sehen, mit welchem Elan und welcher Begeisterung hier geforscht wird!“